Der Journalist Christopher Caldwell vertritt die These, dass die Politik der USA und ihrer Verbündeten im Ukraine-Konflikt – auch wenn sich die Ukraine in diesem Stellvertreterkrieg durchsetzen sollte – den Abstieg des Westens beschleunigen werde. Kulturelle Defizite und eine moralistische Außenpolitik führen dazu, dass Russland, China und Indien sich zu einem neuen Machtblock zusammenschließen werden.
- Die Sanktionen gegen Russland fügen Westeuropa größeren Schaden zu als Russland und haben zur Folge, dass man damit das „rohstoffreichste Land der Erde in die Arme des gefährlichsten Gegners des Westens“ nämlich China treibt.
- Das kulturelle Vorgehen gegen Russland, das sich auf die Betonung von LGBT-Themen konzentriert, stößt weltweit überwiegend auf Ablehnung und ist nicht geeignet Russland zu isolieren. Für einen großen Teil der Menschen außerhalb der westlichen Welt sind diese kulturellen Botschaften nicht attraktiv und führen eher zu einer Abwendung vom Westen
Die Vorstellungen der westlichen Welt sind naiv
Nach Herfried Münkler ist die Vorstellung man könne „auf der Grundlage geteilter Werte gemeinsam globale Herausforderungen wie den Klimawandel bewältigen und dabei Konkurrenz und Konflikte hinter sich lassen“ eine Illusion. Man werde vielmehr in Zukunft noch stärker als bisher mit einer „Welt der Blöcke zu tun haben“. Die „Ära der Globalisierung“ sei vorerst vorbei.
Selbstbehauptung durch Selbstbegrenzung
um den oben beschriebenen Risiken zu begegnen, hat der Politikwissenschaftler Heinz Theisen das Konzept „Selbstbehauptung durch Selbstbegrenzung“ entwickelt. Er vertritt die Meinung, dass der „kulturelle Universalismus und der politische Globalismus des Westens“ vorbei sei. Die Bedeutung kultureller Unterschiede wurden unterschätzt und die Macht des Westens überschätzt. Konzepte wie „Universalität, Globalität, Integration und Interkulturalität“ seien gescheitert. Die künftigen strategischen Paradigmen lauten „Abgrenzung, Zurückdrängen, Eindämmung und Koexistenz“.
Risiko einer Zivilisationskrise
Ähnlich äußern sich auch der Historiker David Engels und der ehemalige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Hans-Georg Maaßen. Beide gehen davon aus, dass die Krise des Westens vor allem kulturelle Ursachen hat und die Dimension einer Zivilisationskrise annehmen könnte.